Anne Clark: „Ich liebe jede Sekunde“
Im Mai feierte die britische Musikerin Anne Clark ihren 65. Geburtstag. Fünf Jahre nach Bekanntwerden ihrer Krebsdiagnose ist sie Headliner beim Amphi-Festival - und jetzt im 80s80s-Startalk.
Im Mai feierte die britische Musikerin Anne Clark ihren 65. Geburtstag. Fünf Jahre nach Bekanntwerden ihrer Krebsdiagnose ist sie Headliner beim Amphi-Festival - und jetzt im 80s80s-Startalk.
Mit den Songs „Sleeper In Metropolis“ und „Our Darkness“ (1984, beide mit Musiker-Partner und DJ David Harrow geschrieben) landete sie zwei internationale Dancefloor-Hits, die durch ihren düsteren und monotonen Synthiesound damals vor allem in der Goth-Szene großen Anklang fanden. Trotz ihrer Erfolge blieb Anne Clark stets eine Künstlerin, die sich nie eindeutig einer bestimmten Szene zuordnen ließ: Zu bekannt, um als Underground zu gelten, aber auch zu eigenwillig für den Mainstream. Ihre Musik weist Bezüge zu Punk und Gothic auf, doch sie war nie wirklich Teil dieser Subkulturen. Obwohl einige ihrer mit David Harrow gemeinsam komponierten Stücke Maßstäbe für die elektronische Musik setzten, ist es nicht passend, sie ausschließlich als Elektro-Künstlerin zu bezeichnen. Bereits von Anfang an waren in ihren Songs Einflüsse aus Folk, Kammermusik und später auch aus Neoklassik zu hören.
In diesem Jahr wird die britische Poetin Anne Clark wieder in Deutschland auftreten. Im Rahmen ihrer „Together Again“-Tour werden ihre größten Hits, Gedichte und weitere Stücke aus vier Jahrzehnten ihrer Karriere zu hören sein. Dazu stehen Konzerte im September 2025 an in Hannover, Leipzig, Oldenburg und Mainz. Außerdem wird Anne Clark beim diesjährigen Amphi-Festival am 19. und 20. Juli 2025 am Tanzbrunnen in Köln als Headlinerin auftreten. Dafür schenken wir euch Tickets!
Das Amphi Festival ist ein Musikfestival, das seit 2005 in Köln ausgerichtet wird und sich vor allem an Fans der Schwarzen Szene richtet. Gleichzeitig spricht es aber auch ein breites Publikum an, das Musikstile wie Electronic Body Music (EBM), Elektropop, Dark Wave und Gothic-Rock schätzt.
Das Festival wird oft als „Familientreffen der Schwarzen Szene“ bezeichnet und legt großen Wert auf eine offene und respektvolle Atmosphäre. Veranstaltet wird es im Tanzbrunnen in Köln, wo neben den musikalischen Darbietungen auch eine vielfältige Besuchergruppe zusammenkommt.
Neben den Hauptbühnen im Tanzbrunnen und der Rheinparkhalle gibt es auch Lesungen, Theateraufführungen und eine Aftershowparty. Ein besonderes Highlight ist das Eröffnungsevent „Call the Ship to Port“, eine Rheinfahrt mit Musik, die am Vorabend des Festivals stattfindet.
Beim diesjährigen Amphi Festival am 19. + 20. Juli sind neben Anne Clark unter anderem auch die 80s-Bands Camouflage und Die Krupps dabei.
Als Pionierin der Spoken Word-Kunst, des New Wave und der elektronischen Musik hat sie Generationen von Künstlern maßgeblich beeinflusst. Anne Clark begann ihre Karriere in den späten 70er-Jahren, stark geprägt von der Punkszene.
Ihr erstes Album „The Sitting Room“ erschien 1982, gefolgt von Veröffentlichungen wie „Changing Places“ und „Just After Sunset – The Poetry of Rainer Maria Rilke“ im Jahr 1998.
Nach der Jahrtausendwende folgten „The Smallest Acts of Kindness“ im Jahr 2008 und „Homage – The Silence Inside“ im Jahr 2018. Im Lauf der Jahre hat sie ihren Stil kontinuierlich weiterentwickelt und mit vielen Musikern in ihrer Band zusammengearbeitet.
Seit 2018 gewährt der Dokumentarfilm „I’ll Walk Out Into Tomorrow“ tiefe Einblicke in ihr Leben und Schaffen. Eine bedeutende Zäsur war für Anne Clark das Jahr 2020, ziemlich genau vor fünf Jahren und ein Jahr vor der Veröffentlichung eines besonderen neuen Albums.
Alles schien gut zu laufen, doch dann traf sie gleichzeitig die Pandemie und eine Krebsdiagnose. Krankheit und COVID-19 führten dazu, dass alle Pläne abrupt gestoppt wurden – ein schwerer Schlag sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich.
Nach einem zermürbenden Jahr voller Behandlungen begann Anne Clark, wieder an neuen Songs zu arbeiten. Dabei entstand die Idee, zunächst ein Album mit Neuinterpretationen ihres bereits bestehenden Materials zu veröffentlichen. Sie fragte befreundete Künstler und Wegbegleiter, ob sie Interesse hätten, ihre Tracks zu remixen. Das Ergebnis ist das 14-Track-Album „Synaesthesia – Classics Re-Worked“. Auf der zweistündigen Doppel-CD sind bekannte Stücke in neuem Gewand zu hören. Verschiedene Musiker, DJs und Produzenten aus der elektronischen Szene haben die Klassiker neu interpretiert. Die teilnehmenden Künstler verzichteten auf ihre Gagen, sodass die Erlöse aus dem Verkauf der CD vollständig an Anne Clark gehen und hoffentlich einen Teil der entstandenen Schäden ausgleichen können. Seit Jahrzehnten begeistert Anne Clark mit kraftvoller Poesie, tiefgründigen Texten und akustischen Experimenten – alles mit einer Virtuosität, die ihresgleichen sucht.
Anne, Du bist nach der Krebsdiagnose seit einigen Jahren wieder voll im Business. Es ist schön, dass du wieder da bist. Wie geht es dir?
Anne Clark: „Also mir geht’s okay, das schönste ist natürlich, dass ich überhaupt noch da bin. Noch vor ein paar Jahren wusste ich nicht, ob ich überhaupt noch da sein werde, aber die Ärzte, ich und alle um mich herum haben einfach einen guten Job gemacht, und für den Moment ist es okay, und dass es erst mal das Wichtigste.“
George: Ja, das ist schön, dass Du wieder on tour bist. Vor 2 Jahren hattest Du die „Borderland“-Tour. Du tourst dieses Jahr auch wieder durch Deutschland. Die aktuellen Konzerte stehen unter dem Motto „Together Again“, und du bist auch beim Amphi-Festival. Das ist klasse.
Anne Clark: „Ja ich weiß ☺, ich war auch vor vielen Jahren mal beim Amphi-Festival und war jetzt sehr froh, wieder angefragt worden zu sein. Ich werde natürlich mit meinem Mikrofon meine Lyrics performen, ich habe mehrere Musiker dabei, unter anderem einen Keyboarder, ein Piano, Drums, Gitarre, Violine. Auch ein Cello wird dabei sein. Im Grunde ein richtiges Orchester.“
George: Klingt sehr organisch und handgemacht. Kann man auch wieder ähnlich wie in den Achtzigern ordentlich abtanzen zu elektronischen Beats?
Anne Clark: „Haha, hängt davon ab, was du unter Tanzen verstehst. Ja, wir nehmen auch den Stil der Achtziger auf, klar. Der Sound, den wir damals gemacht haben, war ja schon sehr experimentell, also das, was David Harrow und ich gemacht haben. Ich liebe es, mit verschiedensten Instrumenten zu arbeiten, mit verschiedenen Musikern und Band, wir werden sehen, ich denke, es wird ein Mix aus allem sein.“
George: Apropos David Harrow. Deine zwei berühmtesten Songs „Sleeper in Metropolis“ und „Our Darkness“ hast du ja mit deinem damaligen Partner, Keyboarder, Produzent und DJ David Harrow geschrieben. Er soll ja ein wahrer Elektro-Nerd sein. Was macht David Harrow eigentlich heute? Hast du noch Kontakt zu ihm? Und wie war die Zusammenarbeit mit ihm?
Anne Clark: „Die Zusammenarbeit war kompliziert, aber auch kreativ. Aber ja, ich bin nach wie vor in Kontakt zu ihm, er lebt jetzt in den USA in Kalifornien. David war wirklich ein Pionier als Producer in den Achtzigern für elektronische Musik. Weißt du, und ich habe mich da musikalsich erweitert und auch ein Stück entfernt von der elektronischen Musik. Aber wir sind weiterhin in Kontakt.“
George: Wie bist du eigentlich damals in den 80s auf die Idee gekommen, diese Poems/gesprochene Gedichte mit elektronischen Dancefloorbeats zu verbinden?
Ann Clark: „Da müssen wir zurückgehen in die späten 70s und frühe 80s. David und ich waren damals sehr involviert in der elektronischen Musik, und haben unter anderem auch Bands wie Kraftwerk oder Tangerine Dream gehört. Und dann war ja auch noch diese große Discowelle, elektronische Disco Musik, HiNRG u.a. mit Giorgio Moroder und Donna Summer. Wir haben uns damals gedacht, lass uns doch einfach elektronische Sounds mit diesen Disco-Beats verbinden, und wir beide liebten ja auch Literatur, ich speziell auch Gedichte. Und dann war ja der New Wave da, und wir haben das einfach miteinander alles kombiniert.“
George: Deine Fans kennen dich als die Queen of Darkness. Wie ist die private Anne Clark? Gerade auch nachdem, was du die letzten Jahre erlebt hast.
Anne Clark: „Weißt du, wir leben in der krassesten und düstersten Zeit aktuell, zumindest soweit ich mich zurück erinnern kann. Also, nachdem ich erkrankt war feier ich jeden Augenblick in meinem Leben. Ich liebe jede Sekunde. Ja, das Leben ist eine Herausforderung. Es gibt immer wieder düstere Momente, aber es ist so wichtig Freude und Licht zu finden. Ich mag es gar nicht, mich in so düstere Atmosphären zu steigern. Dafür ist das Leben zu kurz.“