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Bob Geldof (1985)
  IMAGO / Avalon.red
Bob Geldof (1985)
08.07.2025

Achterbahnfahrt der 80er: Bob Geldof

Er brachte Charity auf die Agenda der 80er-Musik. Später wurde er zynisch. Aber wir feiern ihn diese Woche - und 40 Jahre "Live Aid".

George Michael mit Freedom! '90 ( (Live 1996 - MTV unplugged)

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Wie wurde Bob Geldof vom Sänger der Boomtown Rats zum Mitbegründer von Live Aid – und was sagt sein Song "The Great Song of Indifference" über das Ende der 80er?

Als die 80er langsam in sich selbst zusammenfielen – überfrachtet, überdreht, übervermarktet – veröffentlichte Bob Geldof im Juni 1990 einen Song, der wie ein Grabstein auf diesem exzessiven Jahrzehnt steht: "The Great Song of Indifference". Ein rotziger, lakonischer Abgesang auf Engagement, Weltgefühl, Aufbruch. Und das ausgerechnet von einem der prominentesten Aktivisten der 80er. Ironie? Nein – pure Postmoderne. "I don’t care if the Third World fries" (Soll die Dritte Welt doch verrecken – interessiert mich nicht.), singt Bob Geldof. Gleichgültigkeit als Haltung, als Waffe, als Spiegel der Zeit. Und vielleicht als bittere Pointe auf ein Jahrzehnt, das ihn selbst zum Weltenretter gemacht hatte.

The Boomtown Rats - I Don't Like Mondays (Live Aid 1985)
The Boomtown Rats - I Don't Like Mondays (Live Aid 1985)

Vom Pop zum Protest – die 80er als Bühne

Bob Geldof war nicht immer der Zyniker. In den späten 70ern führte er als Sänger der Boomtown Rats die Charts an. Mit "I Don’t Like Mondays" schrieb er eine der ersten sozialkritischen Pop-Balladen. Doch erst in den 80ern wurde aus ihm eine Ikone – nicht der Musik, sondern der Moral.

Nach einer TV-Dokumentation über die Hungersnot in Äthiopien initiierte Bob Geldof 1984 gemeinsam mit Midge Ure das Projekt Band Aid. Der Song "Do They Know It’s Christmas? " versammelte fast alle britischen Popstars der Dekade. Das dazugehörige Live-Event vor 40 Jahren, Live Aid, war das größte, global vernetzte Rockkonzert seiner Zeit – und machte Bob Geldof zur moralischen Stimme der Popkultur.

Aber er war nicht allein. Neben ihm: Midge Ure, Mastermind von Ultravox, der Mann hinter Songs wie "Vienna" und "Dancing With Tears in My Eyes", der Soundtrack einer melancholischen Zeit. Midge Ure war der ruhige Gegenpol zum lauten Bob Geldof. Kein Medienaktivist, sondern Musiker. Ein Songwriter. Später wurde er kaum gewürdigt. Kein Rittertitel, kein Denkmal. Stattdessen ein langsames Verschwinden im Schatten.

In den 90ern fiel er in eine Alkoholabhängigkeit, verlor seinen Vater, seine Karriere – und fand erst wieder zu sich, als seine kleine Tochter ihn betrunken im Auto entdeckte. Heute sagt Midge Ure: "Mit dem Trinken aufzuhören war die härteste Prüfung meines Lebens – insbesondere, weil ich Schotte bin." Er trinkt heute nur noch Tee. Und reagiert auf Bob Geldofs Adelstitel mit entwaffnender Souveränität: "Es ist okay, dass er Sir Bob Geldof geworden ist. Ich fühle mich dabei wie ein Lehrer, der sich über den Erfolg seiner Schüler freut."

Tears For Fears "Everybody Wants To Run The World"
Bild generiert mit DALL·E von OpenAI
Tears For Fears "Everybody Wants To Run The World"

Sport Aid – der Lauf gegen die Zeit

Zwischen Band Aid und Live Aid lag ein weiteres, oft übersehenes Kapitel: Sport Aid. 1986 organisiert – ebenfalls unter Mitwirkung von Bob Geldof – war es eine globale Aktion, bei der 20 Millionen Menschen gleichzeitig einen 10-Kilometer-Lauf absolvierten: den Race Against Time. Der Soundtrack war von Tears for Fears: "Everybody Wants To Run The World". Olympiaflamme trifft Entwicklungshilfe. Symbolträchtig, global, gigantisch. Sport Aid wurde zum größten Massensportevent der Geschichte. Es zeigte, wie sehr die 80er noch an die Kraft kollektiver Bewegung glaubten. Dass Pop, Sport, Politik und Protest gemeinsam etwas bewegen könnten. Doch diese Zeit verglühte schnell. Nach Live Aid, Sport Aid und einem ganzen Jahrzehnt voller Glaube an Veränderung, kam die Wende – im geopolitischen wie im kulturellen Sinn.

Bob Geldof & Paula Yates (1985)
IMAGO / Avalon.red
Bob Geldof & Paula Yates (1985)

Paula Yates – die Frau im Bild

Kein Porträt dieser Ära ohne Paula Yates. Moderatorin, Provokateurin, Popikone. Sie führte in den 80ern durch die Musiksendung The Tube, später durch The Big Breakfast, wo sie im Bett Promis interviewte – ein Stilmittel zwischen Ironie und Flirt, zwischen Feminismus und Boulevard.

Sie war nicht nur Bob Geldofs Frau – sie war sein Gegenüber. Ihre Ehe, 1978 begonnen, war ein Medienereignis. Sie war die Mutter seiner Kinder, seine Mitstreiterin, seine Kritikerin. Ihre später öffentlich dokumentierte Beziehung zu Michael Hutchence von INXS und ihr tragischer Drogentod 2000 war das dunkle Echo einer Zeit, die sich selbst verschlungen hatte.

Paula Yates war das Pop-Frauenbild der 80er: smart, schön, unbequem. Und letztlich – zerrieben zwischen öffentlicher Figur und privatem Schmerz. Ihre Geschichte ist auch ein Mahnmal für das, was das Jahrzehnt von seinen Ikonen forderte.

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Bob Geldof - The Great Song Of Indifference
Bob Geldof - The Great Song Of Indifference

"The Great Song of Indifference" – der endgültige Schnitt

Und so ist es fast folgerichtig, dass Bob Geldof am Ende dieses Jahrzehnts jenen Song schrieb, der alles negiert, was er einst symbolisierte: "I don’t mind if culture crumbles, I don’t mind if religion stumbles…" (Ob die Kultur zerbröselt oder die Religion stolpert – juckt mich nicht). "The Great Song of Indifference” ist keine Pose.

Es ist der Blick eines Mannes, der alles versucht hat – und nun nichts mehr fühlt. Der einst mit "Do They Know It’s Christmas? " die Welt rührte und jetzt sagt: "I don’t care at all." Es ist ein Song jenseits des Sounds der 80er, jenseits von Synthiepop, Stadionrock, Charity-Pop. Folk-Elemente, Akkordeon, Sarkasmus – es ist, als würde ein Ritter in zerschlagener Rüstung auf einem rostigen Akkordeon spielen. Der Alternative-Szene des Dekadenwechsels gefiel der Bob Geldof-Song. Er wurde zum Hit auf den Tanzflächen.

Bob Geldof und Midge Ure, Paula Yates, diverse Aid-Versuche – sie alle stehen für den Höhenflug und die Erschöpfung eines Jahrzehnts. Und "The Great Song of Indifference" steht für das Erwachen danach: den Kater, die Leere, den Blick zurück – und nach innen. "Indifference" war nicht das Gegenteil von Engagement – es war seine Folge. Und vielleicht war es der ehrlichste Song von Bob Geldof. Und wir haben auf der Tanzfläche gemerkt, dass er eine schwierigere Zeit einläutet – und sind einfach noch ein bisschen höher gesprungen.

Live Aid 1985

Live Aid 1985 - Bob Geldof Welcome America to Live Aid
Live Aid 1985 - Bob Geldof Welcome America to Live Aid

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